Neu im Lawinenlagebericht: Die 5 + 1 Lawinenprobleme
Kategorie: Tourenplanung, Navigation & GPS | eingetragen am 26. Februar 2015 von Christof Simon
Jeden Winter treten durch bestimmte Witterungsverhältnisse wiederkehrende Lawinenprobleme auf. Seit einigen Jahren bemühen sich Lawinenwarndienste in ihren Lawinenlageberichten diesem Umstand gerecht zu werden. Bisher kochte dabei jeder Lawinenwarndienst sein eigenes Süppchen. 2014 einigte man sich schließlich auf ein einheitliches System: den 5 + 1 Lawinenproblemen. Ein Versuch zur Erklärung dieses Systems im folgenden Artikel.

Der Lawinenlagebericht des Lawinenwarndienstes Tirol mit den neuen Symbolen für die Schneeprobleme, in diesem Fall die zwei Probleme Triebschnee und Altschnee, im Bild mit Kreis und Pfeil markiert.
Wie bereits erwähnt, gab es bislang viele verschiedene Konzepte um die immer wieder auftretenden Lawinenprobleme verständlich zu machen. Jeder Lawinenwarndienst ging dabei seinen eigenen Weg. Was der Tiroler Lawinenwarndienst mit den "10 Lawinengefahrenmuster" (nach Rudi Mair und Patrick Nairz) zu erklären versuchte, probierten zum Beispiel die Kanadier mit dem Konzept des "Lawinenpotential". Die Schweizer hatten wieder ein anderes System.
Für Wintersportler, die grenzübergreifend unterwegs sind, ist das natürlich wenig zufriedenstellend und verwirrungsstiftend. Deshalb einigte man sich 2014 bei einer Tagung der Arbeitsgruppe der europäischen Lawinenwarndienste (EAWS) schließlich auf ein einheitliches System: Den 5 + 1 Lawinenproblemen, die da lauten: 1. Neuschnee, 2. Triebschnee, 3. Altschnee, 4. Nassschnee und 5. Gleitschnee. "Plus 1" deshalb, weil das 6. Problem eigentlich keines ist. Es heißt nämlich "6. überwiegend günstige Situation". Also streng genommen müsste man von 6 Lawinensituationen sprechen, nur 5 davon sind Probleme. Alle beteiligten Lawinenwarndienste werden nun in den nächsten Wintersaisonen die beschlossenen Maßnahmen in ihren Lawinenlageberichten umsetzen. Der Lawinenwarndienst Tirol, aber auch die Bayern, Steirer, Vorarlberg oder Kärntner haben das teilweise schon gemacht. Nachfolgend eine kurze Erklärung der Änderungen und Verbesserungen am Beispiel des Tiroler Lawinenlageberichtes.

Auch im bayrischen Lawinenlagebericht stößt man bereits auf die 5 Lawinenprobleme, die Symbole wurden hier noch nicht übernommen.
Wer den Lawinenlagebericht in Tirol in dieser Saison genau studiert hat, dem sind die Neuerungen sicherlich schon aufgefallen. So gibt es jetzt rechts neben der Übersichtskarte an prominenter Stelle eine Tabelle mit 2 Spalten. Die Erste ist betitelt mit "WAS?" und zeigt neue Symbole. Die zweite Spalte nennt sich "WO?" und zeigt die bekannte Höhengrenze (Bergsymbol mit Linie und Höhenangabe) und der ebenfalls bekannte Stern mit den gefahrenbehafteten Himmelsrichtungen. Unter den Symbolen ist noch Text, der die genaue Gefahrenstelle nennt, zum Beispiel "kammnah" oder "Übergang von wenig zu viel Schnee".
Hier eine kurze Erklärung zu den 5 + 1 Lawinenproblemen:

Neuschnee
Zusatzlast durch Neuschneeschicht
Triebschnee
Wind führt zu Verfrachtungen
Altschnee
Schwachschicht in der Altschneedecke
Nassschnee
eindringendes Wasser schwächt die Schneedecke
Gleitschnee
gesamte Schneedecke rutscht am Boden
überwiegend günstige Situation
Die von uns hier gezeigten Symbole sind von der Arbeitsgruppe der europäischen Lawinenwarndienste (EAWS) noch nicht endgültig fixiert worden und können zwischen den einzelnen Lawinenwarndienst etwas abweichen oder werden noch gar nicht verwendet. An der Absegnung der Symbole wird noch gearbeitet. Auch wir sind der Meinung, dass es eine gewisse Überarbeitung und Vereinfachung für die Erkennbarkeit der Symbole nicht schaden könnte. Grundlegende Änderungen in der Symbolik wird es aber vermutlich nicht mehr geben.

Ein Beispiel des Vorarlberger Lawinenlageberichtes, auch hier fehlen noch die Symbole.
Generell hoffen wir, dass das Bestreben der Lawinenwarndienste auf ein möglichst einheitliches grafisches Auftreten weiter fortgeführt wird. Luft noch oben ist noch deutlich vorhanden. Die schon vor einiger Zeit empfohlenen neuen Symbole für die Gefahrenstufe werden bei Durchsicht der Lageberichte der Länder oft nur halbherzig oder gar nicht umgesetzt. Alles was und den Lawinenlageberichten vereinheitlicht werden kann sollte versucht werden. Nur so kann garantiert werden, dass sich eine möglichst hohe Zahl von Wintersportlern länderübergreifend im jeweiligen Lawinenlagebericht auskennt und diesen richtig deuten kann.
Hier einige weitere Beispiele von Lawinenwarndiensten, die die 5 Lawinenprobleme im Lawinenlagebericht integriert haben:

Der aktuelle Lawinenlagebericht aus Kärnten mit leicht abgewandelten Symbolen.

Der aktuelle Lawinenlagebericht aus der Steiermark.
Sind dir die neuen Symbole schon aufgefallen? Erleichtert sich für die dich der Lawinenlagebericht dadurch oder sind sie dir wenig Hilfe. Wir sind gespannt auf deine Kommentare.
Quellen:
Berg und Steigen, 4/2014, "Typische Situationen, Lawinenprobleme & Gefahrenmuster." von von Christoph Mitterer, Patrick Nairz, Bernd Zenke, Rudi Mair, Seite 82 ff