Bergtour zum Sonnenjoch aus dem langen Grund der Kelchsau

Stop or Go - Card: Entscheiden ohne "wenn und aber"

Kategorie: Tourenplanung, Navigation & GPS | eingetragen am 02. April 2007 von Asti

stop-or-göcard-2012

aktualisiert, am 05.01.2013

Risikomanagement auf Skitour mithilfe der Stop-or-Go Karte, die alle wichtigen Handlungsschritte - von der Planung bis zur Abfahrt - explizit anführt.

Stop-or-Go besteht aus Entscheidungsstrategien (wie zb Limit-Empfehlungen in Check 1 und Gefahrenzeichen in Check 2) und Standardmaßnahmen für die Planung und das Gelände.

Check 1

Im Check 1 wird die aktuelle Lawinen-Gefahrenstufe mit der Hangneigung verknüpft. Die Gefahrenstufe des Lawinenlageberichtes bildet somit eine sehr wichtige Eingangsgröße unserer Planung. (Selbiges gilt auch bei der elementaren Reduktionsmethode von Werner Munter).

Was sagt uns nun der Check 1?

Hier wird die Hangneigung ganz klar in Beziehung zur Gefahrenstufe gesetzt. Das heißt, je nach Gefahrenstufe müssen bestimmte Hangneigungen gemieden werden - Beispielsweise sind bei Stufe 3 alle Hänge über 35 Grad Hangneigung tabu. Oder anders ausgedrückt: Je höher die Gefahrenstufe, desto stärker der Verzicht auf Steilhänge!
Neuerung seit 2012: Im Check 1 ist seit 2012 auch die sogenannte begünstigte Exposition integriert. Im Lawinenwarnbericht gibt eine Windrose Auskunft über begünstigte Expositionen. Diese Windrose ist nun symbolisch bei den Gefahrenstufen 2 und 3 auch auf der Stop or Go Card 2012 im Check 1 abgebildet. Die Regeln für diese Gefahrenstufen lauten nun:

Bei Gefahrenstufe 2: unter 40° Grad Hangneigung bzw. keine Einschränkung bei eindeutig begünstigter Exposition Bei Gefahrenstufe 3: unter 35° Grad Hangneigung bzw. unter 40° Hangneigung bei eindeutig begünstigter Exposition

Bei Gefahrenstufe 4 wurde auf die begünstigte Exposition verzichtet weil es bei solchen Situationen meiste keine begünstige Hangneigung gibt.

Link-Tipp: Hangneigungsmessung leicht gemacht...

Auf der Rückseite des Stop or Go Kärtchen ist noch ein zusätzliches Instrument zur Messung der Geländeneigung auf Landkarten der Maßstäbe 1:25.000 sowie 1:50.000 angebracht. Hierfür einfach das Kärtchen an die geplante Route auf der Karte anlegen und solange verschieben, bis die Höhenlinien der Karte mit den jeweiligen Neigungslinien übereinstimmen.

Check 2

Etwas umfangreicher fällt der Check 2 aus. Hat unser Ziel den Check 1 bestanden, werden wir hier aufgefordert, verschiedene Gefahrenzeichen der Natur wahrzunehmen und zu beurteilen. Alle diese Gefahrenzeichen sind auf der Karte unter Check 2 ausführlich angeführt - und hier kurz erklärt:

Neuschnee

Unter ungünstigen Bedingungen gefallener Neuschnee gilt bereits ab 10-20cm als kritisch und somit als Gefahrenzeichen.

--> ungünstige Bedingungen:
Starker Wind, tiefe Temperaturen (unter -8°C), Schmelzharsch, Reif oder wenig befahrenes Gelänge.

--> günstige Bedingungen (sehr selten):
Dies wären Schneefall bei kaum Wind und milden Temperaturen und regelmäßig befahrenes Gelände. Hier würde man erst ab 30-60cm von kritischen Neuschneemengen sprechen.


grosse Neuschneemengen

Frischer Triebschnee

Als Triebschnee wird jener Schnee bezeichnet, der vom Wind verfrachtet wird und sich in der Leeseite (= windabgewante Seite) ablagert. Hier kann es zu enormen Umlagerungen kommen, die dann vor allem Rinnen und Mulden mit viel Schnee füllen. Da in den Bergen fast immer mit Wind zu rechnen ist, entsteht der größte Teil der Triebschneeansammlungen während oder kurz nach einer Schneefallperiode.


Auch bei Schönwetter entsteht Triebschnee!

"Der Wind ist der Baumeister der Lawinen!"
Typische Windzeichen im Gebirge sind Wechten, Schneefahnen, Windgangeln, Windkolk, abgewehte Rücken und Dünen.


Gipfelwechte zur Wildspitze - Tirol


Typisches Bild im alpinen Gelände


Schneefahnen: Eindeutiger Hinweis für Schneeverfrachtungen.


Windgangeln: Die steilen Stirnseiten zeigen gegen den Wind.


"Kometenschweif" - Diese Formen entstehen hinter Hindernissen wie z.B. Steine und Felsbrocken. Oftmals ist vor dem Hinderniss eine Aushöhlung erkennbar - der Windkolk. Der Schweif befindet sich also immer auf der Leeseite des Steins, er zeigt also vom Stein aus wie ein Zeiger "mit dem Wind".

Frische Lawinen

Ein eindringlicher Hinweis auf eine sehr instabile Schneedecke bzw. einen ungünstigen Schneedeckenaufbau. Gleich wie auch beim Triebschnee gilt auch hier: Je frischer die Lawinen, desto eher führt die Frage "Gefährlich für mich?" zu einem eindeutigen "JA", wenn mein nächster Geländeabschnitt eine ähnliche Steilheit aufweist.


Gefahrenzeichen: Frische Schneebrettlawinen!

Setzungsgeräusche und Rissbildung

Diese ernstzunehmenden Gefahrenzeichen sind ein eindeutiger Indiz für einen schlechten Schneedeckenaufbau und treten typischerweise bei Lawinenwarnstufe 3 auf.
Treten Setzungsgeräusche und Risse in Hängen auf, so ist dies als eindringlicher Warnhinweis zu werten und bedeutet "Stop!".

Starke Durchfeuchtung

Speziell an stark sonnenbeschienenen Hängen verliert die Schneedecke infolge starker Durchfeuchtung gänzlich an Stabilität. Beispiel Frühjahrsskitour: Während der Nacht gefriert oberflächlich die Schneedecke zu einer tragenden Schicht (Schmelzharsch-Deckel), die ideale Bedignungen für Touren darstellt. Wärhrend der Vormittagsstunden schmilzt dieser Harschdeckel, wodurch jegliche Stabilität verloren geht.


"Schutzschicht" - ein tragender Schmelzharschdeckel im Frühjahr

Für die Tourenplanung gilt:
Vor dem Abschmelzen des Harschdeckels sollten steile Hänge über 30 Grad hinter uns liegen!

Spätestens jetzt sollte eine entsprechende Entscheigung "Stop or Go!" gefällt werden können!

Auf der Rückseite der Karte finden wir noch zusätzliche Standardmaßnahmen für die Planung einer Tour. Für Lawinenlagebericht, Wetterbericht, Karten und Führerliteratur, diversen Menschlichen Faktoren und der Notfallausrüstung soll uns diese Karte als "Spikzettel" dienen, damit nichts vergessen wird.

Viel Spaß auf Tour!

Weiterführende Links:
Europäische Lawinengefahrenskala
Aktueller Lawinenlagebericht
Österreichischer Alpenverein

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