Skitour auf den höchsten Berg Österreichs - der Grossglockner

Lawinenkunde: "Stop or Go" wird erweitert

Kategorie: Tourenplanung, Navigation & GPS | eingetragen am 24. Januar 2010 von Christof Simon

Neu - Trotzem Go und Mental Check
Die neue Stop-or-Go Karte mit der Erweiterung Trotzem Go
Eindeutig begünstigte Exposition und Höhenlage -- ein Faktor von Trotzdem Go
Hier gibt es keine Zweifel - ein eindeutig stark verspurter Hang
Ein tragfähiger Harschdeckel mindert die Lawinengefahr enorm

Stop or Go ist seit fast 10 Jahren im Österreichischen Alpenverein die Entscheidungshilfe für den Skitourengeher oder Variantenfahrer, wenn es um die Beurteilung der Lawinengefahr geht. Beliebt wahrscheinlich auch deshalb, weil die Stop or Go - Strategie auf ein übersichtliches Kärtchen und somit in jede Tourenhose oder in jeden Rucksack passt. Seit heurigem Winter gibt es eine überarbeitete Variante des Stop or Go - Kärtchens. Neben den Filtern "Check 1" und "Check 2" - wir haben darüber schon einmal im Artikel "Stop or Go - Card: Entscheiden ohne wenn und aber" geschrieben - wurde die Strategie um die Bausteine Trotzdem Go und Mental Check erweitert. Wir werden in diesem Artikel vor allem auf Trotzdem Go eingehen und die Faktoren erklären. Mental Check werden wir voraussichtlich in einem weiteren Artikel vorstellen.

Mag. Michael Larcher, Leiter des Referats Bergsport beim Österreichischen erklärt in dem Artikel "Stop or [trotzdem] Go" in der Zeitschrift "Bergauf 1-10" warum sich im Laufe der Zeit die Notwendigkeit ergab um Stop or Go zu erweitern. Er meint dabei vor allem die Erweiterung Trotzdem Go. Vor allem "Check 1" ist bei Lawinenwarnstufe 3 ist sehr streng ausgelegt. So sollten bei dieser Warnstufe auf einer Skitour die Steilheit des gesamten Hanges unter 35 Grad liegen. Bergführer und Ausbilder kamen oft in die Situation sich rechtfertigen zu müssen, warum sie die Skitour durchführen, obwohl "Check 1" eigentlich einen Stop erfordert hätte. Es gibt aber gut begründete Argumente, die es erlauben unter begünstigten Faktoren mit dieser Regel zu brechen. In Trotzdem Go - eine Erweiterung von Stop or Go wurden diese 5 Faktoren eingearbeitet und lauten wie folgt:

  • (1) Eindeutig begünstigte Exposition und Höhenlage:
    Durch die hohe Qualität des heutigen Lawinenlageberichts, gibt es lokale Abweichungen von der allgemeinen Lawinenwarnstufe. So kann zum Beispiel in Osttirol Warnstufe 2 gelten während die allgemeine Warnstufe auf 3 steht. Außerdem gibt es genaue Auskunft in welcher Höhe und in welche Exposition die Gefahrenstufen vorwiegend liegen. Man kann also bei einer eindeutig begünstigten Höhenlage oder Exposition von Warnstufe ausgehen, die einen Grad niedriger als die allgemeine Lawinenwarstufe liegt.
  • (2) Stark verspurter Hang:
    Es hat sich gezeigt, dass in stark verspurten Hängen die Wahrscheinlichkeit für das Auslösen einer Lawinen geringer ist. Ein stark verspurter Hang liegt dann vor, wenn mehrere Spuren ineinander verlaufen und es nicht mehr leicht möglich ist die einzelnen Spuren zu trennen. Trotzdem gilt auch hier: Abfahren in großen Abständen, bei mehr als 35° einzeln Abfahren. Wichtig: Diese "Trotzdem Go"-Faktor gilt nur, wenn die Schneedecke nicht stark durchfeuchtet ist.
  • (3) Tragfähiger Schmelzharschdeckel
    Liegt ein tragfähiger Schmelzharschdecke vor, ist das ein untrügliches Zeichen für sichere Lawinenverhältnisse. Auf Skitour kann man sich dann gemäß Lawinenwarnstufe 1 verhalten. Achtung: Das gilt nur, wenn der Schmelzharschdeckel noch nicht aufgeschmolzen ist!
  • (4) Dichter Wald:
    Auch hier ist wieder die Definition wichtig. Dichter Wald ist es dann, wenn alle 5 Meter ein Baum steht. Dieser Faktor gilt also nicht auf Lichtungen, am Waldrand beim Übergang zu freiem Gelände und in Hängen wo nur vereinzelt Bäume stehen. Zu beachten: Fahren im dichten Wald birgt eine hohe Verletzungsgefahr und führt oft zu Schädigungen des Baumbestandes.
  • (5) Lawinensichere Geländeform:
    Ist man auf Geländerücken unterwegs, die stark abgeblasen sind, nur wenige Zentimeter Schnee liegen und Almrosen oder gar Gras herausschaut, ist man relativ sicher. Ähnliches gilt auf schneefreien oder schneearmen Graten. Hier lauern allerdings andere Gefahren, wie brechende Wechten oder Absturzgefahr bei Eis.

Die 5 Faktoren von Trotzdem Go sind eine konsequente Weiterentwicklung der Stop or Go - Strategie. Sie sind aber auch nicht ganz so einfach zu berücksichtigen wie "Check 1" oder "Check 2". Um Trotzdem Go anwenden zu können, bedarf es aus unserer Sicht ein gewisses Maß an Erfahrung. Zum Beispiel muss man den aktuellen Lawinenlagebericht genau verstehen und lesen können um den Faktor "Eindeutig begünstigte Exposition und Höhenlage" anwenden zu können.

Unerfahrene werden mit weiterhin mit "Check 1" und "Check 2" ein gutes Mittel haben, um schnell Entscheidungen treffen zu können. Der erfahrene Skitourengeher wird aber dankbar um die Erweiterung Trotzdem go sein. Sie gibt ihm eine genau definiertes Instrument in die Hand, die Situation vor Ort besser in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen.

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